Die Biografie von Verena Loewensberg ist zurückhaltend. In einem raren Interview, das ich 1977 in ihrer mit klugem Understatement eingerichteten Zürcher Wohnung führen konnte, sinniert sie darüber, dass sie um 1935-36 ihr erstes konkretes Bild wie in einem Traum vor sich gesehen habe. Dieses in Texten zu ihrer Malerei immer wieder erwähnte Erlebnis vermittelt in der Tat eine für sie ungewohnt persönlich gefärbte Aussage. Ihre Bilder sind denn auch „ohne Titel“ mit dem Jahr der Entstehung angeschrieben; schriftliche Äusserungen existieren nicht. „Ich habe keine Theorie, ich bin darauf angewiesen, dass mir etwas einfällt.“ Auch das bleibt eine der wenigen Feststellungen zur eigenen Person. 1936 nimmt sie an der für die Schweizer Moderne wegweisende Ausstellung, „Zeitprobleme in der Schweizer Malerei und Plastik“ im Kunsthaus Zürich mit zwei Farbstift-Arbeiten teil. Abstrahierend angelegt, ist sie noch nicht bei ihrem geometrisch orchestrierten Figurenvorrat angelangt. Die Texte des bescheidenen, kleinformatigen Katalogs vereinen gewichtige Zeitstimmen: Die kunsthistorische Einleitung ist zugleich Aufforderung an ein zögerndes Publikum, „mit den Augen der heutigen Maler“ zu sehen. Verfasst hat diese der Kunst- und Architekturhistoriker Sigfried Giedion, unentbehrlich für die Promotion der Avantgarde. Le Corbusier äussert sich emphatisch über den Abgesang der verstaubten, noch immer die Bühne besetzende Künstlergeneration und Max Bill publiziert in dezidierter Kleinschrift gedruckt seine erste Definition „konkrete gestaltung“. Die Exponate wirken in der Tendenz unscharf zusammengewürfelt, Geometrie an einem kleinen Ort.
Ausgebildet in kunstgewerblichen Fächern und Webtechniken, folgt der Unterricht in Modernem Tanz. Das Malen bringt sie sich selbst mit Hilfe eines Lehrbuches bei, in Paris hat sie sich künstlerisch weitergebildet. Ihre Bilder zeigen sich ohne Fehl und Tadel mit Pinsel und Ölfarbe ausgeführt, nicht auf einer Staffelei, sondern auf einer Tischfläche realisiert, entsprechend dem in kleinen Skizzen zu Papier gebrachten Entwurfsprozess. Diese Vorzeichnungen hat sie nicht behalten, das vollendete Werk sagt alles.

Auszüge aus "Verena Loewensberg - die scheinbare Leichtigkeit der Malerei " von Margit Weinberg Staber, erschienen im Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Verena Loewensberg", gezeigt vom 5. Juni - 13. Juli 2019 in der Galerie Knoell.